Chirurgische Therapie

Adipositaschirurgie

 Unter der Adipositaschirurgie versteht man chirurgische Verfahren zur Behandlung der krankhaften Übergewichts (Adipositas) und dessen Begleiterkrankungen wie z.B. Diabetes mellitus Typ 2 („Zuckerkrankheit“), Fettstoffwechselstörungen und Bluthochdruck („Metabolisches Syndrom“).

Es gibt unterschiedlichste Operationsverfahren:

  • Verstellbares Magenband
  • Schlauchmagen (Sleeve Gastrektomie)
  • Magenbypass
  • Omega Loop – Magenbypass
  • Biliopankreatische Diversion mit duodenalem Switch (BPD/DS)
  • Single-Anastomosen-Duodeno-Ilealer Bypass mit Schlauchmagen (SADI-S)

Die Verfahren unterscheiden sich in ihrem Wirkungsmechanismus und infolgedessen in ihrem Wirkungsprofil, ihrer Wirksamkeit und ihrem Operationsrisiko.

Mögliche Wirkungsmechanismen sind:

  • Restriktion:
    Einschränkung der Nahrungsaufnahme (z.B. Magenballon, Magenband, Schlauchmagen, Magenbypass)
  • Malresorption:
    Einschränkung der Nährstoffaufnahme (z.B. Magenbypass)
  • Malabsorption:
    Einschränkung der Verdauung (z.B. Omega Loop – Magenbypass, Biliopankreatische Diversion mit duodenalem Switch, Single-Anastomosen-Duodeno-Ilealer Bypass)
  • Neurohumorale Effekte:
    Veränderung von Energiehaushalt, Zuckerstoffwechsel, Geruchs- und Geschmacksempfindung sowie Sättigungs- und Hungergefühl durch Hormone und Nervensignale (z.B. Schlauchmagen, Magenbypass, Omega Loop – Magenbypass)
  • Mikrobiomeffekte:
    Veränderung der Bakterienzusammensetzung im Stuhl (wsh.. alle Verfahren)

Magenballon

Der Magenballon wird über eine Magenspiegelung eingebracht und dann im Magen mit 500 bis 700ml Flüssigkeit gefüllt.

Hierdurch kommt es zu einem früher einsetzenden Sättigungsgefühl. Nachteilig ist, dass der Magenballon aufgrund seiner Beschaffenheit nach spätestens 6 Monaten entfernt werden muss. Nach Entfernung des Magenballons kommt es zur erneuten Gewichtszunahme.

Somit stellt der Magenballon letztlich nur eine vorübergehende Maßnahme, z. B. zur Operationsvorbereitung dar.

In 6 Monaten ist mit einem Magenballon mit einer Gewichtsreduktion von 18 bis 42 kg zu rechnen, was eine nachfolgende Operation und die erforderliche Narkose positiv beeinflussen kann.

Das verstellbare Magenband

Magenband2

 

Das verstellbare Magenband ist ein rein „restriktives“ übergewichtschirurgisches Operationsverfahren. Hierbei wird ein verstellbares Band aus Silikon um den Magen gelegt. Es wird knapp unterhalb des Übergangs zwischen Speiseröhre und Magen positioniert. Eine Portkammer wird in aller Regel auf dem linken Rippenbogen ins Unterhautfettgewebe eingelegt. Diese Portkammer kann dann durch die Haut angestochen werden, um das Magenband mit Flüssigkeit zu füllen. Hierdurch wird der Übertritt von Nahrung aus dem kleinen Vormagen in den Restmagen verzögert, was zu einem länger anhaltenden Sättigungsgefühl und einer verminderten Nahrungsaufnahme („Restriktion“) führt.

Die zu erwartende Gewichtsreduktion liegt im Durchschnitt bei etwa 50 bis 60% des Übergewichts, hängt jedoch wesentlich von der Mitarbeit des Patienten ab. Nach einer Operation muss der Patient unter ständiger ärztlicher Kontrolle verbleiben. Zusätzlich muss eine weitere Ernährungstherapie mit Umstellung der Ess- Lebensgewohnheiten erfolgen. Zusätzlich ist mit der Reduktion des Körpergewichts eine zunehmende körperliche Aktivität unabdingbar. Für den Erfolg der Methode ist die Mitarbeit des Patienten besonders wichtig, da hierbei das Hungergefühl nicht unterdrückt, sondern nur die Nahrungsaufnahme mechanisch erschwert wird.

Für welche Patienten ein Magenband in Frage kommt, muss individuell entschieden werden und hängt hauptsächlich vom Patientenwunsch ab. Es gilt als das sicherste, aber auch am wenigsten wirksame Operationsverfahren. Grundsätzlich es ist wieder entfernbar, sollte aber lebenslang im Körper verbleiben, da bekannt ist, dass nach Entfernung des Bandes auch nach vielen Jahren das Gewicht wieder ansteigt. Deswegen und aufgrund des lebenslang ansteigenden Risikos für bandbedingte Komplikationen, wie Infekte, Bandwanderung und Verengungen, wurde die routinehafte Verwendung des verstellbaren Magenbandes verlassen und durch die häufigeren Verfahren wie den Schlauchmagen und den Magenbypass ersetzt.

Schlauchmagen (Sleeve Gastrektomie)

Schlauchmagen2

 

Weltweit ist der Schlauchmagen zusammen mit dem Magenbypass eines der beiden am meisten durchgeführten Operationsverfahren.

Der Schlauchmagen - in der Bevölkerung als „klassische Magenverkleinerung“ bekannt - ist eine sogenannte „restriktive“ Operationsmethode, bei der ca. 80% des Magens entfernt werden. Der Magenpförtner wird hierbei erhalten und der Magen ca. 6cm vor dem Magenpförtner nach oben hin zur Speiseröhre auf der Außenseite abgetrennt. Der abgetrennte Teil des Magens wird aus dem Körper entfernt. Das Verfahren ist damit irreversibel.

Der übrig gebliebene schlauchförmige Magen kann durch das geringere Fassungsvermögen weniger Nahrung aufnehmen, was zu einer signifikanten Reduktion der Kalorienaufnahme führt. Des Weiteren führt das Verfahren zu sogenannten neurohumoralen Effekten, die den Energiehaushalt, den Zuckerstoffwechsel, das Geschmacks- und Geruchsempfinden sowie das Sättigungs- und Hungergefühl positiv beeinflussen. Studien zeigen eine ähnliche Reduktion des Übergewichts wie beim Magenbypass von 60-70%.

Da bei dieser Operationstechnik keine Darmabschnitte umgangen werden und sich somit die Länge des Verdauungstrakts nicht verändert, kommt es eher zu einer normalen und regelrechten Aufnahme von Nährstoffen. Nahrungsergänzungsmittel müssen in der Regel jedoch – ähnlich wie beim Magenbypass – regelmäßig zugeführt werden.

Der Schlauchmagen kann als Verfahren der 1. Wahl verwendet werden, das bei Therapieversagen einfach in jedes andere übergewichtschirurgische Operationsverfahren umgewandelt werden kann. Vorsicht ist geboten bei bestehender gastroösophagealer Refluxkrankheit. Bei der antidiabetischen Wirksamkeit schneidet der Schlauchmagen wahrscheinlich schlechter ab als der Magenbypass und andere Bypassverfahren.

Weiterhin wird der Schlauchmagen auch bei Patienten mit höherem BMI und hohem Risiko durch Begleiterkrankungen im Rahmen eines Stufenkonzeptes durchgeführt. D.h. in einem ersten operativen Eingriff wird der Schlauchmagen angelegt. Nach einer Gewichtsreduktion von 40-70kg wird dann in der Regel nach einem Jahr ein zweiter Eingriff als Umwandlung zum Magenbypass oder zur biliopankreatischen Diversion mit duodenalem Switch durchgeführt. Dieser zweite Eingriff kann dann durch die vorangegangene Gewichtsreduktion mit einem deutlich niedrigeren Risiko durchgeführt werden.

Der Magenbypass

Magenbypass2

 

Weltweit ist der Magenbypass zusammen mit dem Schlauchmagen eines der beiden am meisten durchgeführten Operationsverfahren.

Hierbei wird der Magen kurz nach dem Übergang zwischen Speiseröhre und Magen durchtrennt und eine Dünndarmschlinge zur Ableitung der Speise an den belassenen Mageneingang („Pouch“) angenäht. Etwas weiter unten am Dünndarm erfolgt die Verbindung zwischen den voneinander getrennten Dünndarmanteilen.

Hierdurch ist auf eine Strecke von ca. 2 Metern der Speisebrei von den Verdauungsenzymen getrennt, was zu einer späteren Aufspaltung und damit Aufnahme der Nahrungsbestandteile in den Körper führt („Malresorptive Komponente“). Durch die Magenverkleinerung kann weniger Nahrung zu sich genommen werden („restriktive“ Komponente). Außerdem entstehen durch die Umgehung des größten Teils des Magens, des Zwölffingerdarms und des obersten Teils des Dünndarms so genannten neurohumorale Effekte, die den Energiehaushalt, den Zuckerstoffwechsel, das Geschmacks- und Geruchsempfinden sowie das Sättigungs- und Hungergefühl positiv beeinflussen. Verbunden ist damit aber auch die schlechtere Aufnahme von lebenswichtigen Substanzen wie Vitaminen, Eisen und Kalzium. Diese müssen deshalb postoperativ kontrolliert und ersetzte werden.

Die zu erwartende Gewichtsreduktion ist im Durchschnitt mit ca. 70% des Übergewichts anzugeben. Wie bei allen anderen Therapieformen bei Adipositas, ist auch hier die Mitarbeit und Konsequenz des Patienten das mitentscheidende Kriterium für den langfristigen Erfolg.

Der Magenbypass ist besonders für Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 („Zuckerkrankheit“) geeignet. Es ist in zahlreichen Studien nachgewiesen, dass nach einer derartigen Operation, in Abhängigkeit der Dauer einer bestehenden Zuckerkrankheit, etwa drei Viertel der Patienten keine Diabetes-Medikamente mehr einnehmen müssen.

Omega Loop – Magenbypass

Busse Omega Loop 2017 webklein

 

Der Omega Loop Magenbypass ist, wie es der Name sagt, eine besondere Form des Magenbypasses. Hierbei wird zunächst ein Schlauchmagen gebildet, der kurz vor dem Magenpförtner abgetrennt wird. Der Restmagen wird nicht entfernt, also lediglich im Sinne eines Bypasses umgangen. Der abgetrennte Schlauchmagen wird mit einer hochgezogenen Dünndarmschlinge verbunden, wobei Restmagen, Zwölffingerdarm und etwa 3 Meter des oberen Dünndarm von der Nährstoffpassage ausgeschlossen werden.

Im Gegensatz zum „klassischen“ Magenbypass wird beim Omega Loop – Magenbypass der Dünndarm nirgends durchtrennt und nur eine einzige Darmnaht angelegt. Das Verfahren ist damit einfacher und schneller durchzuführen. In seiner Wirksamkeit soll es ähnlich sein, wie der Magenbypass, hat aber eine größere „malabsorptive Komponente“ und damit ein höheres Risiko für Mangelerscheinungen, wenn die Nährstoffersatztherapie nicht zuverlässig eingenommen wird.

 

Biliopankreatische Diversion mit Duodenal-Switch

Duodenal switch2

 

 

Die biliopankreatische Diversion vereint die Komponenten eines Schlauchmagens mit denen eines Bypasses des Zwölffingerdarms und des oberen Dünndarms. Im ersten Schritt wird ein Schlauchmagen hergestellt. Anschließend wird der Darm direkt nach dem Magenpförtner durchtrennt und mit einer Dünndarmschnlinge 3 Meter vor der Einmündung in den Dickdarm verbunden. Zuletzt erfolgt die Abtrennung des Dünndarms vor der angelegten Darmnaht und Verbindung des abgetrennten Dünndarms mit dem Dünndarm ca. 1 Meter vor Eintritt in den Dickdarm („Bypasskomponente“).

Die Verdauungsenzyme von Bauchspeicheldrüse und Leber münden weiterhin in den Zwölffingerdarm. Erst im letzten Abschnitt des Dünndarms 1 Meter vor dem Dickdarm vereinigen sie sich mit dem Nahrungsbrei. Somit steht nur noch die kurze Strecke von 1 Meter für eine uneingeschränkte Verdauung der Nahrung zur Verfügung.

Neben der Verminderung der Nahrungsmenge durch den Schlauchmagen („restriktive Komponente“), erfolgt nach dieser Operation vor allem eine verminderte Aufnahme der Nahrungsbestandteile durch eine eingeschränkte Verdauung („malabsorptive Komponente“) im kurzen Dünndarmschenkel am Ende des Dünndarms kurz vor dem Dickdarm. Damit besteht ein erhebliches Risiko für lebensgefährliche Nährstoffmängel, wenn die Nährstoffersatztherapie nicht zuverlässig eingenommen wird. Außerdem besteht im Vergleich zu den anderen verfügbaren übergewichtschirurgischen Operationsverfahren das höchste Operationsrisiko.

Andererseits ist die biliopankreatische Diversion mit duodenalem Switch die wirkungsvollste Therapieform bei schwerstem Übergewicht und Diabetes mellitus Typs 2 („Zuckerkrankheit“).

Im langfristigen Verlauf kommt es zu einer Verminderung des Übergewichts von 75 – 80 %. Die Erfolgsrate bezüglich Diabetes mellitus Typ 2 liegt bei über 90%.

Aufgrund des hohen Operationsrisikos und des Risikos für lebensgefährliche Nährstoffmängel wird die biliopankreatische Diversion mit duodenalem Switch in der Regel nur als sogenanntes Redo-Verfahren eingesetzt, wenn andere übergewichtschirurgische Operationsverfahren – und hier insbesondere der Schlauchmagen – versagt haben.

Single-Anastomosen-Duodeno-Ilealer Bypass mit Schlauchmagen (SADI-S)

Busse SADI 2017 webkleinBei dieser Operationsmethode handelt es sich um eine Weiterentwicklung der biliopankreatischen Diversion mit duodenalem Switch (BPD/DS). Der Unterschied besteht darin, dass nach Anlegen des Schlauchmagens und der Durchtrennung des Darms nach dem Magenpförtner nur eine Verbindung zum Dünndarm 2,5 Meter vor dem Dickdarm angelegt wird. Auf die Abtrennung des Dünndarms vor der angelegten Darmnaht und das Wiedereinnähen 1 Meter vor der Einmündung in den Dickdarm wird verzichtet.

Der Dünndarmabschnitt, der an der Nährstoffaufnahme beteiligt ist, ist somit länger als bei der biliopankreatischen Diversion mit duodenalem Switch. Außerdem ist nur eine einzige Darmnaht notwendig. Damit ist das Verfahren in kürzerer Operationszeit durchführbar und sicherer, aber möglicherweise auch weniger wirksam als die biliopankreatische Diversion mit duodenalem Switch.

Die Methode hat aber ebenfalls eine vorwiegend „malabsorptive Komponente“ und kommt deshalb wie die biliopankreatische Diversion mit duodenalem Switch aufgrund des Risikos für lebensgefährliche Nährstoffmängel nur als sogenanntes Redo-Verfahren, wenn andere übergewichtschirurgische Operationsverfahren – und hier insbesondere der Schlauchmagen – versagt haben, zum Einsatz.

Gegenüber dem Omega Loop – Magenbypass birgt die Technik den potentiellen Vorteil der Erhaltung des Magenpförtners, so dass die aufgenommene Nahrung kontrolliert und schrittweise an den Dünndarm abgegeben wird.

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Welcher Patient sollte wie operiert werden?

Grundsätzlich kommen folgende Patienten für eine übergewichtschirurgische Operation in Frage:

-          BMI > 50 kg/m2

-          BMI > 40 kg/m2 nach erfolglosem ärztlich kontrolliertem Gewichtsreduktionstherapieversuch

-          BMI 35 – 40 kg/m2 mit Begleiterkrankungen wie Diabetes mellitus Typ 2 („Zuckerkrankheit“) nach erfolglosem ärztlich kontrolliertem Gewichtsreduktionstherapieversuch

-          BMI 25 – 35 kg/m2 mit Begleiterkrankungen wie Diabetes mellitus Typ 2 („Zuckerkrankheit“) in Ausnahmefällen und unter Studienbedingungen (DiaSurg 2 – Studie)

Wie aufgezeigt, gibt es eine Vielzahl verschiedener Operationsverfahren, die bei adipösen Patienten zur Gewichtsreduktion und Therapie der Begleiterkrankungen wie z.B. Diabetes mellitus Typ 2 („Zuckerkrankheit“) eingesetzt werden. Der Einsatz der einzelnen Verfahren kann nur für jeden Patienten individuell festgelegt werden.

Hierbei ist zu berücksichtigen:

-          Essverhalten

-          Nebenerkrankungen (z.B. Diabetes mellitus, Herzschwäche)

-          Lebensgewohnheiten (z. B. Beruf)

-          BMI

-          Wunsch des Patienten

Um ein geeignetes Operationsverfahren festzulegen ist eine sorgfältige Vorbereitung, zumeist in Zusammenarbeit mehrerer in der Adipositastherapie bewanderter Spezialisten erforderlich.

Aus diesem Grunde arbeiten im Adipositasnetzwerk Rhein-Neckar solchen Spezialisten aus verschiedenen Fachbereichen zusammen.

In Studien wird zudem untersucht, wie die unterschiedlichen Operationsverfahren in ihrer Wirksamkeit und ihrem Risikoprofil im Verhältnis zueinander stehen, um aufgrund der dabei gewonnenen Erkenntnisse die Patienten immer besser beraten zu können (Bsp.: BariSurg – Studie)

 

 

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